HENRY: Hallo Leute, hier ist wieder euer Henry.
Ihr wisst ja noch, dass ich euch letzte Woche erzählt habe, dass die Mama Kerstin an einem Eigenbau gewerkelt hat, in den Röschen und ich gemeinsam einziehen sollten. Das sagt sich so leicht, aber die Kerstin hatte ja keine Ahnung davon wie man sowas baut. Sie hat sich erst ganz viele schöne Eigenbauten im Internet angeschaut und dann ging es ganz naiv an die Planung. Wir sollten ein Bodengehege im Esszimmer bekommen. Da war eine große Ecke frei, in die sollte der fünfeckige Eigenbau so rein, dass er an der einen Wand links an ein Highboard grenzte und an der anderen Wand rechts an einen Schrank. Und vorne wollte sie das ganze abschrägen, damit keine so große Ecke von unserem Gehege ins Zimmer ragt.
TOFFEE: Das hört sich doch nett an.
HENRY: Ja ja, aber dann musste sie das Holz kaufen gehen, das wollte sie im Baumarkt gleich zuschneiden lassen. Und da hat sie bei der Planung festgestellt, dass man etwas braucht, das heißt Mathematik, damit kann man ausrechnen wie lang das Brett sein muss, das man vorne als Blende für die Schräge braucht. So was hatte sie früher mal in der Schule, aber das ist schon eine ganze Weile her. Sie musste erst im Internet auf einer Schüler-Seite wieder lernen wie das geht. Sie hat dann eine Weile gerechnet und dann ist sie noch auf dem Boden 'rumgekrochen und hat die Stelle gemessen, wo das Brett später mal so ungefähr sein würde, und als die Ergebnisse vom rechnen und vom messen anfingen sich ähnlich zu sehen ist sie losgefahren und hat alles zuschneiden lassen. Am Ende war das Brett dann zu lang und sie musste noch was absägen.
CLARA: Besser zu lang als zu kurz, hihi...
Clara
HENRY: Im Internet hatte sie auch gelesen, welche Hölzer angeblich gut geeignet für uns sind und welche nicht so gut. Dummerweise gibt es Spanplatten nur aus den nicht so guten Hölzern und die guten Hölzer sind schrecklich teuer, was aber egal ist, weil man sie im Baumarkt sowieso gar nicht kaufen kann. Und dabei haben wir eine ganze Menge Baumärkte in der Nähe.
TOFFEE: Und was haben wir jetzt?
HENRY: Ganz normale Spanplatten.
TOFFEE: Und die schaden uns nicht?
CLARA: Fühlst du dich schlecht?
TOFFEE: Nein.
CLARA: Na also!
HENRY: Für die Bodenplatte hatte die Kerstin vorher ganz viel gelesen über Leimholz und Sperrholz und Spanplatten. Schließlich wusste sie gar nicht mehr, was sie jetzt nehmen soll, weil im Internet so viel widersprüchliches stand. Am Ende ist sie einfach in den Baumarkt gefahren und da standen dicke Platten 'rum, die sahen irgendwie holzig aus, davon hat sie dann eine genommen und sie weiß bis heute nicht, was das jetzt für eine ist. Hauptsache, sie funktioniert.
JANE: Ja ja, das Internet wird oft überschätzt.
HENRY: Die im Baumarkt haben dann aber die Bodenplatte für das Gehege nur quadratisch zurecht sägen können. Die Kerstin musste also die schräge Stelle selbst abschneiden. Eine elektrische Säge hat sie ja, aber die hatte sie vorher noch nie benutzt. Sie hat auch ein ordentliches Stück von der Platte schräg abgesägt und danach waren auch noch alle Finger dran, aber scheinbar ist es schwieriger als man denkt geradeaus zu sägen. Sie hat eine schicke Wellenlinie gesägt. Wegen der Blende sah man das am Ende aber nicht.
JANE: Als Mensch hat man es scheinbar auch nicht immer leicht. Wir Meeris müssen ja eigentlich immer nur Sachen machen, die wir auch können.
HENRY: Dann hat sie an allen fünf Ecken senkrechte Pfosten auf die Platte geschraubt. An denen wollte sie die Seitenteile festschrauben. Dabei hat sie gelernt, dass man beim schrauben die Löcher im Holz vorbohren muss, weil die Schrauben sonst nicht reingehen. Aber trotz großer Schrauben haben die Pfosten gewackelt. Also ist die Kerstin wieder in den Baumarkt gefahren und hat Metallwinkel gekauft und noch mehr Schrauben. Dann bekam jeder Pfosten zwei Winkel, die wurden mit der Bodenplatte verschraubt und dann wackelte nichts mehr.
TOFFEE: So viel Mühe. Und hinterher sieht man gar nicht mehr, wieviel Arbeit das war.
JANE: Ja, manchmal hat es auch Vorteile ein Meerschweinchen zu sein.
Jane
HENRY: Aber ihr glaubt ja gar nicht, wie viele Sorten Schrauben es gibt für alle Zwecke und Materialien und in allen möglichen Stärken und Längen, außerdem mit schrägem Kopf und glattem Kopf und in verschiedenen Farben. Und man muss immer die richtigen nehmen, weil da, wo wir 'rumlaufen, müssen die Schraubenköpfe ganz glatt mit dem Holz abschließen, damit wir da nicht drüber stolpern und uns die Füßchen verletzen.
JANE: Gut, dass wir nur Gemüsesorten, Kräuter und Salate unterscheiden müssen.
HENRY: Dann musste ja auch noch alles lackiert werden. Die Bodenplatte mit den Pfosten und die Seitenteile, die dann drangeschraubt werden. Und das alles drei Mal.
TOFFEE: Warum denn das?
CLARA: Weil Pipi ätzt.
JANE: Und feuchte Köttel machen Flecken.
HENRY: Und das Holz quillt auf. Ich hatte doch am Anfang so ein Holzhaus...
TOFFEE: Das mit nur einem Eingang.
HENRY: Ja, das war unlackiert und sah ganz fix ganz fies aus. Also musste der Eigenbau wasserdicht sein. Aber natürlich musste ein wasserlöslicher ungiftiger Lack her, der uns nicht schadet, wenn wir am Holz nagen.
CLARA: Wie kann er denn wasserdicht sein, wenn er wasserlöslich ist?
HENRY: Das ist wohl eins von den Dingen, die sich nur Menschen ausdenken können. Jedenfalls dauerte das Lackieren eine ganze Weile, weil ja immer erst wieder alles trocknen musste bevor die Mama-Kerstin das nächste Mal lackieren konnte. Und sie konnte ja immer nur abends nach der Arbeit oder am Wochenende. Nach dem Lackieren hat sie dann die Seitenteile an die Bodenplatte und an die Pfosten geschraubt. Das war schon wieder ein Problem, weil der Eigenbau ja fünf Ecken hatte und nicht vier. Deshalb waren die beiden Ecken vorne nicht rechtwinklig, die zwei Pfosten aber schon, an die die Seitenteile geschraubt werden sollten. Jetzt wusste sie nicht wie sie die Seitenteile an den schräg stehenden Pfosten anschrauben sollte. Sie ist also wieder in den Baumarkt gefahren...
TOFFEE: Wie oft war sie wohl inzwischen dort?
HENRY: Das hat sie nicht gezählt, aber die winken jetzt immer schon ganz freundlich, wenn sie kommt. Aber auch im Baumarkt gibt's scheinbar nur Zubehör für rechtwinklige Sachen. Fünfeckige Häuser sind nicht vorgesehen. Da hat die Kerstin ein bisschen geknurrt und gesagt, es sei kein Wunder, dass den Architekten nichts innovatives mehr einfällt, wenn es dann nur Sachen für Rechtecke gibt und nicht mal fünfeckige Kanthölzer. Sie hat kurz überlegt, ob sie versuchen soll, die zwei Kanthölzer vorne zurechtzusägen, aber dann hat sie an die Wellenlinie von der Bodenplatte gedacht und hat einfach mit langen dünnen Schrauben die Seitenteile schräg drangeschraubt. Das sieht man auch fast gar nicht. Und es sollte ja auch ein Schweinchenheim werden und kein ausbruchsicheres Nashorngehege.
JANE: Nur gut, dass Clara kein so Nasenpieksehorn hat. Sonst hätten wir hier nichts zu lachen.
HENRY: Dann kam vorne noch der Clou: Die herausnehmbare Scheibe, damit wir vorne rausschauen konnten und aus dem Haus raus- und wieder reinklettern, wenn man die Scheibe rausnimmt. Dafür gab es zumindest in der Bastelabteilung vom Baumarkt lange dünne Hölzer mit einem Winkel drin, die konnte man an die Pfosten schrauben und wenn man das richtigrum machte, entstand da eine senkrechte Rinne, in die man von oben eine Scheibe reinschieben kann.
JANE: Na, wenigstens gab es da was, was sie brauchen konnte.
HENRY: Ja, aber jetzt brauchte sie eine Scheibe. Da gab es auch zu viele Ratschläge im Internet, ob man jetzt richtiges Glas nimmt oder Plexiglas oder Acrylglas oder Bastelglas und was jetzt hygienischer ist oder was wie dick sein muss oder was wie schnell zerkratzt oder was sogar trüb wird, wenn wir dranpieseln. Die Kerstin hatte ja den Verdacht, dass Plexi- und Acryl- und Bastelglas alles dasselbe ist, aber so richtig rausgefunden hat sie das nicht. Richtiges Glas wollte sie nicht, weil sie Angst hatte, dass es kaputt geht und wir uns dann schneiden. Aber dann war es ganz einfach, so wie mit der Bodenplatte. Sie ist in den Baumarkt gefahren und da gab es nur eine Sorte durchsichtiges künstliches Glas und das hat sie dann zuschneiden lassen.
Henry
HENRY: Das konnte sie aber erst machen lassen als alles andere schon fertig war, weil sie zwar vorher immer einen Plan macht, aber am Ende ist es nie genau so wie geplant, sondern immer ein klein bisschen länger oder kürzer. Sie sagt immer, die Sachen, die sie so schreinert, haben alle ein Eigenleben. Als sie den ersten Tisch für uns gebaut hat, hatte der vier Beine, die alle unterschiedlich lang waren, weil sie zwar vier gleichlange Stücke abgemessen hatte, aber nach dem Sägen waren sie doch alle irgendwie individuell.
Aber deshalb musste sie erst die Schiene für die Scheibe bauen und dann ausmessen, wie groß die Scheibe sein musste und die hat sie dann schneiden lassen, weil sie geahnt hat, dass sie keine Schiene genau um eine schon vorhandene Scheibe bauen kann. Der Säge-Mann im Baumarkt hat sich zwar über die krumme Zahl gewundert, die die Scheibe breit sein musste, aber sie passte dann exakt rein und ist auch nicht rausgefallen, wenn wir mit Anlauf dagegen rannten.
TOFFEE: Und jetzt war das Haus fertig?
HENRY: Naja, fast. Die Kerstin hat innen noch eine alte wasserdichte Wachstuchtischdecke mit 70er-Jahre braunem Karomuster reingeklebt, aber um die Pfosten rum und in den Ecken hat das Klebeband nicht gut gehalten und wir hatten später viel Spaß damit, genau zwischen die Holzwände und das Wachstuch zu pieseln.
JANE: Dabei siehst du so unschuldig aus als könntest du kein Wässerchen trüben.
HENRY: Wir fanden das Wachstuch so hässlich.
CLARA: Unter der Einstreu sieht man das doch gar nicht.
HENRY: Aber wir wussten, dass es da ist.
TOFFEE: Aber jetzt war das Haus doch fertig?
HENRY: Fast. Ganz zum Schluss ist der Kerstin eingefallen, dass sie kleine Filzpunkte unter das Haus kleben sollte, damit die Bodenplatte den Parkettboden nicht zerkratzt. Da hat sie nochmal ganz schön geschuftet, weil der Eigenbau jetzt so schwer war, dass sie ihn alleine gar nicht mehr anheben konnte.
Und dann kam der Moment, in dem die Kerstin das neue Schweineheim stolz in die vorgesehene Ecke schieben wollte...
CLARA: Und?
HENRY: Es ging nicht rein.
CLARA: Dumm gelaufen.
TOFFEE: Warum nicht?
HENRY: Weil sie alles so ausgemessen hat, dass es exakt reinpasst, wenn es mal drin ist, aber sie hat nicht bedacht, dass das Haus hinten breiter ist als die Öffnung zwischen den zwei vorderen Ecken von den beiden Schränken, wo sie es reinschieben musste. Ich hab' noch genau den Ton im Ohr, den sie gemacht hat als ihr klar wurde, dass sie jetzt den großen Geschirrschrank ausräumen und den Schrank wegschieben muss, um unser Schweineheim in die Ecke zu kriegen.
JANE: Und den Schrank wieder zurückschieben und das Geschirr wieder einräumen.
HENRY: Genau.
TOFFEE: Aber jetzt war das Haus fertig.
HENRY: Ja, fix und fertig, genau wie die Kerstin. Sie sagte "Nie wieder!" Aber ich hatte den Eindruck, dass ihr das total viel Spaß gemacht hat. Und sie hat ja auch nie wieder aufgehört immer weiter zu bauen. Ihr seht ja, wie wir heute wohnen.
Toffee
TOFFEE: Und dann seid ihr beide eingezogen? Das ist sooo romantisch. Seufz-MUIG.
HENRY: Ja, aber davon erzähle ich nächste Woche. Heute habe ich schrecklich viel geredet, viel mehr als sonst. Du, Kerstin, kriege ich zwei Gurkenscheiben?
KERSTIN-ZWEIBEIN: Eine, Henry.
HENRY: Aber eine ganz dicke, bitte.
KERSTIN-ZWEIBEIN: OK, hier, bitte.
MÄDELS-CHOR: Wir auch, wir auch?!
KERSTIN-ZWEIBEIN: Klar doch, meine Süßen.
HENRY: Also tschüss dann, mjamm schmatz, bis nächste Woche…
..... Fortsetzung folgt nächste Woche Samstag....