Ende Mai musste uns leider unsere liebe Patendame Miela verlassen, wenn auch verspätet, soll auch sie natürlich mit einem ausführlichen Nachruf verabschiedet werden. Dieser Nachruf ist ein wenig anders als gewohnt, denn er wird von ihrer Pflegemama erzählt.

"Liebe Leserinnen und Leser

traurigerweise muss ich euch mitteilen, dass unser kleiner Sonnenschein Miela ein Engelchen geworden ist. Ihr kleiner Körper hat nach schwerer Krankheit aufgegeben und Miela von den Schmerzen erlöst.

Was war passiert fragt ihr euch natürlich. Nun, ich glaube, es ist am schönsten, wenn ich euch Mielas Geschichte im Verein von Anfang an noch einmal erzähle:

Miela bei Abgabe

Wie ihr der Homepage auf Mielas Profil ja schon entnehmen konntet, fand der kleine Wuschelkopf wegen Haltungsaufgabe den Weg in den Verein. Es war ein emotionaler Abschied, man merkte sofort, dass es der Halterin besonders schwerfiel, denn Mielas Leidensweg begann schon früh, und die Strapazen der vielen Tierarztbesuche haben die Halterin und Miela natürlich auch zusammengeschweißt. Angefangen mit Harnwegsinfekten und Blasensteinen musste sich Miela auch regelmäßig Behandlungen hormonell aktiver Zysten unterziehen. Da sie schon immer ein sehr zierlicher Typ war und nie mehr als 800 g auf die Waage brachte, kam der Halterin verständlicherweise auch immer die Sorge, dass Miela bei körperlichen Beschwerden zu viel abnehme. Gesundheitlich war Miela zwar ihr Sorgenkind, aber wie anfangs beschrieben, führt das auch meist dazu, dass es einen sehr zusammenschweißt. Miela abzugeben war ein sehr schwerer und lang überlegter Schritt. Mielas Halterin informierte uns über die bisherige Problematik und dass hier wohl ein erfahrenes Auge nötig sei.

Dem stimmten wir zu und es war klar, dass Miela bei Aufnahme in den Verein direkt auf einen Patenplatz ziehen darf. Sie sollte von Anfang an in einer stabilen Gruppe wohnen dürfen, sodass man sich genug Zeit für weitere Untersuchungen und Diagnosen nehmen konnte.

Nach dem emotionalen Abschied zog Miela bei mir in eine Gruppe, welche schon aus drei Tieren bestand. Die Patentiere Alwis und Lila sowie eine weitere SOS-Schweinchendame (welche damals aber als normales Vermittlungstier eingezogen war). Der Start war für Miela grauenhaft. SOS-Omi Lila konnte mit dem neuen kranken Zottelkopf nichts anfangen. Viel mehr noch störte sie, dass Miela auch keine Anstalten machte, auf die Kabbeleien einzugehen und sich permanent im Häuschen verkroch. Die anderen beiden Schweinchen haben entweder mitgemacht oder ignoriert. Eine wirkliche Hilfe waren sie anfangs also nicht.

Miela schlug dies natürlich schwer aufs Gemüt, sie wirkte schnell depressiv und auch gesundheitlich führte es nur dazu, dass sie wieder abzunehmen begann und auch ihre Blase wieder verrückt spielte und sie nach wenigen Wochen schon von einem üblen Harnwegsinfekt befallen war. Als erfahrene Pflegestelle weiß ich natürlich, dass Vergesellschaftungen einen unschönen Verlauf haben können, aber sich die Geduld in den meisten Fällen auszahlt. Auch bei Paten-Omi Lila wusste ich, dass sie früher oder später das Interesse an den Treibereien verlieren würde. Aber was bringt es, wenn das geschwächte Tier nur noch schwächer wird.

Also wurde Miela daraufhin separiert. Erst einmal alleine, um ohne Angst an den Napf gehen zu können und mal ordentlich essen zu können (ohne dass ihr jemand die besten Sachen schon vorher wegmampft). Nach einigen Tagen dann versuchte ich, das andere Weibchen der Gruppe, Kuki, ihr an die Seite zu stellen. Und das war die beste Entscheidung. Miela reagierte natürlich wieder mit Angst und Panik. Sie brauchte etliche Tage, um überhaupt mal das Näschen aus dem Haus zu stecken wenn Kuki gerade nah davor saß. Aber Kuki gab ihr die Zeit. Sie wusste genau, wie sie mit Miela umgehen musste und was sie in dem Moment brauchte. Wenn sie merkte, dass Miela Hunger bekam, sich aber nicht raus traute, nahm sie sich ein Stück Gemüse und wechselte in eine weit entfernte Ecke, damit Miela in Ruhe an den Napf konnte. Ihre Annäherungsversuche weitete sie jeden Tag ein Stück aus und entfernte sich immer sofort, sobald Miela ihr zeigte, dass ihr es wieder zu viel wurde..

Miela mit Kuki

Genau diese Art von Schwein brauchte Miela. Ihr gesundheitlicher Zustand und ihre seelische Gesundheit verbesserten sich drastisch. Sie blühte richtig auf und wurde auf einmal sogar richtig frech. Das war der Moment, wo ich eine erneute Vergesellschaftung mit Lila und Alwis versuchte. Wie immer war Lila forsch und gemein. Nur hatte Miela jetzt die Kraft, sie in die Schranken weisen zu können. Das imponierte Lila sehr, sodass sie den kleinen Wuschelkopf bald schon vollends akzeptierte. Sie waren aber bis zum Schluss heimliche Konkurrenten, die sich dennoch beide sehr ins Herz geschlossen hatten. Eine freundschaftliche Rivalität. Den faulen Alwis zu necken, war dabei von beiden Damen eine besonders beliebte Tätigkeit.

Patenbub Alwis freute sich sehr über den wilden, aufblühenden Charakter von Miela, da es Abwechslung brachte. Ihre wilde Seite hat ihn genervt, aber gleichzeitig hat er sich dadurch auch ein bisschen verliebt. Die beiden haben eine tiefe Freundschaft zueinander geschlossen. Damit hätte Miela anfangs bestimmt nie gerechnet. Alwis Freundschaft half ihr besonders dann, als ihre „Betreuerin“ Kuki verstorben ist. Miela wusste immer, dass mit ihr in ihrer Nähe alles in Ordnung war. Ohne Kuki war sie wieder ein wenig auf sich selbst gestellt. Alwis holte sie in dieser Zeit aber gut ab und achtete sehr darauf, den kleinen Zottelkopf zu beschäftigen. Dank Alwis hat sie bis zum letzten Atemzug ihre extreme Neugierde und ihren leicht frechen Charakter behalten und ausleben können.

Kann man die Kamera essen?

Leider gab es nur ein Problem: Miela hatte regelmäßig wiederkehrende Harnwegsinfekte, welche mittlerweile fast nahtlos ineinander übergingen. Wegen dieser regelmäßigen Infekte wurden auch Röntgenbilder angefertigt sowie Ultraschalle gemacht. Anfangs waren diese unauffällig. Irgendwann wurde aber deutlich sichtbar, dass es dort Veränderungen gab, die sehr besorgniserregend aussahen. Ebenso waren die Verdickungen an der Blasenwand deutlich zu spüren. Da diese Verdickungen auch durch die Entzündungen entstanden, haben wir versucht, eine Nachuntersuchung hinzubekommen, wenn sich die „Entzündungslage“ mal wieder einigermaßen stabilisiert hatte. So gab es eine längere Zeit Antibiotika, entzündungshemmende Schmerzmittel und pflanzliche Unterstützung. Nur leider zeigte sich bei einer weiteren Nachuntersuchung, dass die Verdickung größer wurde. Zusammen mit Schall und Röntgenbild war es schon ziemlich eindeutig, dass wir es hier mit einer tumorösen Veränderung zu tun hatten, welche sich mit hoher Wahrscheinlichkeit schon weitaus länger dort befunden hatte und nun jetzt erst sichtbar wurde. Dies erklärte ihre immer wiederkehrenden Infekte und die Gewichtsproblematik. Eine Gewebe-Probe durch Urin wurde zur Untersuchung ins Labor geschickt.

Nun, dann stand ich da, mit Miela in der Hand. Bewusst darüber, dass wir wahrscheinlich nur noch wenige Wochen miteinander haben würden. Eine OP kam für mich eigentlich von Anfang an nicht in Frage, da ihr Körper dazu einfach schon zu geschwächt war. Dennoch habe ich einige Wochen gefühlt stündlich darüber nachgedacht und mir immer wieder die typische „Was-wäre-wenn“-Frage gestellt.

Miela mit Alwis

Miela musste jetzt palliativ behandelt werden. Sie erhielt weiterhin in Dauermedikation ihre entzündungshemmenden Schmerzmittel und ordentliche Portionen Päppelbrei, welche sie auch mit Genuss vertilgte. Die Behandlung tat Miela gut. Relativ schnell hüpfte sie wieder durchs Gehege, als sei nichts gewesen. Alwis wurde wieder von ihr gepiesakt und die Erste am Napf war sie ebenfalls wieder. Sie blühte noch einmal richtig auf. Mittlerweile komplett inkontinent, zog sie ihre Spur durchs Gehege und ich als Pflegestelle räumte ihr sofort frische, trockne Streu hinterher, sodass sie trotz Inkontinenz immer einen (relativ) trockenen Popo hatte.

Aber sicher, Schmerzmittel sind oberflächlich. Sie verhalfen ihr dazu, trotz schwerer Krankheit, ein einigermaßen unbesorgtes Leben noch zu führen. Aber während es an der Oberfläche wieder glänzte, krankte es im Inneren natürlich immer noch. Und so führte es auch dazu, dass Mielas Kräfte mehr und mehr schwanden. Es war zur Mittagszeit, als Miela ihren Gang zur Wasserflasche auf sich nehmen wollte (sie hatte die Näpfe, die ebenfalls im Gehege zur Verfügung stehen, immer gemieden). Ihr Körper entschied in diesem Moment, uns beiden die Entscheidung abzunehmen und ließ sich mit ihr fallen. Miela… jetzt bist du erlöst…

Ich möchte hier and dieser Stelle aber auch nochmal erwähnen, was für ein großartiges und vor allem kämpferisches Wesen in diesem Zottel gesteckt hat. In der seeehr langen Eingewöhnungsphase hatte sie anfangs ja eben nicht die Möglichkeit, alle ihre Facetten zu zeigen und umso glücklicher sind wir darüber, dass sie es mit ihrer Gruppe dennoch geschafft hat und trotz der schweren Krankheit noch einmal so aufblühte. Sie hat sich nie aufgegeben und jede Minute genossen, in welcher sie glücklich war. Sie liebte es, wie gesagt, ihren Alwis zu necken. Sie war stolz auf sich, wenn sie sich gegen Lila behaupten konnte, sie triumphierte innerlich, wenn sie durch Besetzen des Futternapfes ihrer Rivalin das beste Blatt Radicchio vorenthalten konnte und sie behauptete sich auch uns Menschen gegenüber, wenn sie laut ihren Päppelbrei forderte. Ihr Selbstbewusstsein stieg mit jedem Tag, gerne hätte ich noch mehr von ihr gesehen. Gerne hätte ich sie noch viel länger auf ihrem Weg begleitet. Aber ich bin glücklich, dass es uns möglich war, sie überhaupt noch so lange begleiten zu dürfen. Überhaupt, dass wir es waren, die sie kennenlernen und erleben durften."

 
"Eines Morgens wachst du nicht mehr auf.
Die Vögel singen, wie sie gestern sangen.
Nichts ändert diesen neuen Tagesablauf.
Nur du bist fortgegangen.
Du bist nun frei und unsere Tränen wünschen dir Glück."
Johann Wolfgang von Goethe
 
Hab es wohl, kleine Miela, wir werden dich nie vergessen!

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