Toffee

TOFFEE: Hallo Leute, hier ist eure Toffee.

Wir sitzen hier zusammen und beratschlagen gemeinsam mit unserer Mama Kerstin wie es nun weitergehen soll, jetzt, wo unsere Jane nicht mehr da ist, traurig-MUIG.

CLARA: Stellt euch vor, unsere Kerstin möchte kein neues Meerschweinchen mehr dazu holen. Wir sollen jetzt zu dritt bleiben, irritiert-MUIG.

MAMA KERSTIN: Irgendwie mag ich kein neues Schweinchen mehr holen. Wie soll denn ein neues Schweinchen die einzigartige Jane ersetzen?

OSCAR: Nur gut, dass du sowas nicht schon nach Henrys Tod gedacht hast, sonst wäre ich jetzt nicht hier, sondern immer noch in der Notstation, erleichtert-MUIG.

TOFFEE: Außerdem ersetzt der Oscar doch nicht den Henry. Das geht ja gar nicht. Henry war Henry. So wie Jane Jane war und nie ersetzt werden kann, seufz-MUIG. Wir sind schließlich alle ganz individuelle Einzelstücke und keine Fließbandwutzen. Und unser Oscar ist auch total lieb, auch wenn er ganz anders ist als Henry es war.

CLARA: Genau. Ein neues Tier ersetzt nie das Tier, das vorher da war, sondern nimmt nur seinen frei gewordenen Platz im Haus ein und füllt ihn neu aus, aber ganz anders.

OSCAR: Aber im Herzen sieht es noch ganz anders aus. Ein Herz ist wie ein großes Haus mit vielen Zimmern. Wenn du ein Tier liebst, dann zieht es in sein eigenes Zimmer in deinem Herzen ein und dort wohnt es weiter, auch wenn es längst aus dem diesseitigen Leben geschieden ist. Ein neues Tier zieht in ein ganz neues anderes Zimmer ein und jedes Herz hat genug Liebe und genug Zimmer für alle, die uns begegnen und für die wir uns öffnen.


Oscar

TOFFEE: So was Ähnliches hat der Henry auch gesagt als er sich verabschiedet hat. Deshalb hat er uns ja auch sein Vermächtnis aufgegeben, einen frei gewordenen Platz immer einem neuen Schweinchen zu geben, das ihn braucht.

MAMA KERSTIN: Aber ich hab' euch doch so lieb und es tut so weh, wenn einer von euch seine Köfferchen packt. Und ich mag nicht mehr, dass es so weh tut.

CLARA: Das ist verständlich, aber ziemlich dumm, streng-MUIG. Wenn man sich auf nichts Schönes mehr einlässt, nur weil man Angst davor hat es irgendwann wieder zu verlieren, dann hat man gar nichts Schönes mehr in seinem Leben, sondern nur noch Leere. Das tut vielleicht nicht weh, aber dann verschwendet man sein Leben. Dann ist man eigentlich schon tot, obwohl man noch da ist.

MAMA KERSTIN: Hm, vielleicht hast du Recht.

OSCAR: Wäre es dir lieber, du hättest Henry und Jane und auch Röschen nicht gehabt, weil es dann nicht weh getan hätte als sie dich verlassen mussten? Stell' dir vor, du hättest sie und auch uns drei hier nie kennen gelernt.

MAMA KERSTIN: Nein, nein, ich bin sehr froh, dass ich euch alle kennen lernen durfte. Ihr habt mein Leben und meine Ansichten total verändert. Und es ist jeden Tag schön, mit euch zu leben. Aber ihr sollt einfach nicht sterben!

TOFFEE: Ich bin auch schrecklich traurig, schnüff-MUIG. Henry war mein guter Freund und jetzt so kurz danach meine beste Freundin Jane... Ich wünschte auch, sie hätten noch ganz lange bei uns bleiben dürfen. Aber man kann sich nicht wünschen, dass wir alle nie sterben müssen. Dann wäre es bald ziemlich eng auf der Welt.

OSCAR: Toffee hat Recht. Sterben gehört zum Leben dazu. Irgendwann müssen wir alle Platz machen für die, die nach uns kommen. Der Sinn des Lebens ist, glaube ich, einfach dabei gewesen zu sein und das Beste draus gemacht zu haben. Dass das Leben dabei fair und gerecht ist, ist dabei nicht vorgesehen.


Clara

CLARA: Schau, wir haben uns nach Henrys Abschied auf den Oscar eingelassen und haben ihn richtig lieb gewonnen. Jedenfalls sind er und ich richtig gute Freunde geworden.

TOFFEE: Naja, ich fühle mich grad' ziemlich allein, obwohl ich euch habe, deprimiert-MUIG. Aber Henry und Jane waren mir so nah und wichtig, dass ich denke, am liebsten würde ich den beiden über die Regenbogenbrücke nachlaufen, sehnsüchtig-MUIG.

CLARA: Nix da, Toffee. Sich aufgeben geht gar nicht. Wir haben trotz unserer Trauer um Henry und Jane ein gutes Leben und das ist ein großes Glück. Und du hast hoffentlich noch ein paar Jahre Zeit bevor du die Regenbogenbrücke erreichst.

OSCAR: Henry und Jane hatten eine zweite Chance hier. Ein zweites Leben sozusagen. Und auch wenn Janes Leben zu kurz war, durfte sie doch hier gute zwei Jahre glücklich sein. Ein extra langes, aber unglückliches Leben will doch auch keiner. Auf die Dauer des Lebens allein kommt es nicht an.

CLARA: Jedenfalls, Kerstin, musst du uns helfen, Henrys Vermächtnis weiter zu erfüllen. Alleine können wir das nicht. Außerdem siehst du ja, dass drei eine blöde Zahl ist. Ab vier sind wir eine kleine Gruppe und es ist ja auch offensichtlich, dass Toffee eine neue Chance auf eine neue liebe Freundin braucht, die ihre schlimmen Depressionen vertreibt.

TOFFEE: Naja, ich hab' auch das Gefühl, dass nie wieder jemand auftaucht, der in die Fußstapfen von Henry und Jane passt, aber wir Meeris sind von Natur aus offen und freundlich und immer wieder bereit uns auf was Neues einzulassen und neue Meeris in unserer Gruppe willkommen zu heißen. Das solltest du auch tun, Kerstin. Wenn du kein neues Meeri mehr holst, wie soll das denn auf lange Sicht weiter gehen? Irgendwann bleibt dann einer von uns alleine übrig. Da mag ich gar nicht dran denken. Das wäre grässlich.

OSCAR: In der Tat. Ich möchte gar nicht dran denken, dass ich mal hier allein sitzen könnte in unserem schönen, geselligen Haus. Eine Horrorvorstellung!


Oscar

MAMA KERSTIN: Ich würde euch doch nie allein halten. Ich weiß doch, wie dringend ihr die Gesellschaft anderer Meerschweinchen braucht.

CLARA: Und was willst du dann machen, wenn nur noch einer von uns da ist, hä? Den letzten weggeben in eine fremde Meerigruppe und zu fremden Zweibeinern?

TOFFEE: Du hattest versprochen, dass jeder von uns für immer hier bleiben darf, so lange er lebt und solange du lebst, vorwurfsvoll-MUIG. Wir sollten hier ein sicheres Heim für immer haben und uns nie mehr Sorgen machen müssen. Du hast uns doch nicht angelogen, oder???

MAMA KERSTIN: Nein, natürlich nicht. Ich könnte keinen von euch jemals wieder hergeben!

OSCAR: Das beruhigt mich schon mal. Ich war schon bei zwei verschiedenen Zweibeinern vorher, wo es mir nicht gut ging. Ich möchte bitte nie wieder ein Notschweinchen werden!

MAMA KERSTIN: Es soll Leih-Schweinchen geben, die allein übrig gebliebenen Gruppenschweinchen in ihrer letzten Lebensphase Gesellschaft leisten.

CLARA: Haha, das möchte ich sehen, wie du dann das Leihschweinchen wieder abgibst. Das hast du doch dann genauso lieb und dann brauchst du das zweite Leihschweinchen, damit es dann dem ersten Gesellschaft leistet.

MAMA KERSTIN: Hm, grübel, ich seh' schon, es ist sehr schwer, die Meerihaltung wieder zu beenden, wenn man erst mal damit angefangen hat.

TOFFEE: Du willst doch die Meerihaltung gar nicht beenden.

MAMA KERSTIN: Nein, eigentlich nicht. Ich bin ja ganz vernarrt in euch. Aber ich hab' auch Angst, dass ich euch keine richtig gute Pflegemama bin.

CLARA: Willst du das nicht lieber unserer Beurteilung überlassen?

TOFFEE: Warum denkst du denn sowas?

MAMA KERSTIN: Schau, als ich damals das Röschen hatte, hätte ich gleich mit ihr zum Tierarzt gehen müssen als sie immer wieder Matsche-Köttel hatte, aber ich dachte, das liegt an der Ernährung. Vielleicht hätte sie viel länger leben können, wenn ich sie hätte behandeln lassen und vielleicht hätte sie dann die Aufgasung gar nicht bekommen, an der sie mit nur eineinhalb Jahren gestorben ist. Und damals hatte ich noch nicht mal eine Notfallapotheke für euch.

OSCAR: Aha, also wenn und vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Du hast immer das Beste gegeben, was dir in jeder Situation möglich war. Und du hast immer weiter gelernt und bemühst dich heute noch, immer klüger zu werden und alles über Meerschweinchen zu lernen. Aber du wirst nie vollkommen. Keiner wird das.


Toffee

TOFFEE: Aber schau doch, als ich im Frühling so eine schlimme Aufgasung hatte, da hast du mir das schon angesehen bevor es richtig schlimm wurde. Und du bist sofort mit mir zur Tierärztin gefahren, so dass ich schon ganz früh richtig behandelt wurde. Und ich bin wieder ganz gesund geworden. Da hast du alles für mich getan. Und ganz schön teuer war meine Behandlung auch und du hast nicht mit der Wimper gezuckt.

MAMA KERSTIN: Du weißt doch, ich würde lieber das Auto verkaufen, als dass ihr nicht anständig behandelt werdet.

CLARA: Das ist doch ein feiner Zug.

MAMA KERSTIN: Aber ich mache mir so Vorwürfe wegen Jane.

OSCAR: Warum das denn? Du kannst doch nichts dafür, dass sie so ein schlimmes Gewächs in ihrem Bäuchlein bekommen hat. Das ist Schicksal.

MAMA KERSTIN: Aber ich denke, ich hätte sie nicht operieren lassen sollen.

CLARA: Du weißt aber, dass sie auch ohne OP nicht mehr lange gelebt hätte und dass es ihr schon nicht mehr gut ging und sie schon Schmerzen hatte.


Clara

MAMA KERSTIN: Aber ich habe die OP total unterschätzt. Ich dachte, das ist wie bei Menschen und Hunden, also wenn man die OP überstanden hat, geht's wieder aufwärts. Mir war nicht klar, dass bei Meeris der richtig problematische Teil erst nach der OP kommt, also das mit dem Kreislauf und der Temperatur und das mit dem Essen und Kötteln.

TOFFEE: Hättest du sie nicht operieren lassen, wenn du das schon vorher gewusst hättest?

MAMA KERSTIN: Ich weiß es nicht. So wie es jetzt war hatte sie jedenfalls eine schreckliche OP und hat sich drei Tage lang gequält bis sie dann doch gestorben ist.

OSCAR: Ich glaube, Sterben ist nie so richtig schön. Ohne OP wäre die Jane über einen viel längeren Zeitraum immer elender geworden und dann auch gestorben. Und wer weiß, welche Schmerzen sie dabei hätte aushalten müssen. Die Tierärztin sagte ja, so eine Fettgewebsnekrose sei sehr schmerzhaft. Und die Jane hätte immer versucht nicht zu jammern, damit keiner merkt, dass sie Schmerzen hat. Wer weiß, ob sie dann genug Schmerzmittel bekommen hätte. So war sie nach der OP zumindest randvoll damit.

MAMA KERSTIN: Rückblickend wäre es am besten gewesen, ich hätte Jane direkt ganz friedlich und schmerzfrei in der Praxis für immer einschlafen lassen als die Diagnose kam, dass sie so was großes im Bäuchlein hat, was da nicht hingehört.

CLARA: Du hattest vorher aber keinen Rückblick. Vorher hat man immer nur Ungewissheit und Hoffnung. Erfahrung hat man immer erst hinterher, nachdem man sie gebraucht hätte.

TOFFEE: Du hättest dir immer Vorwürfe gemacht, wenn du Jane ohne OP über die Regenbogenbrücke geschickt hättest. Und ich dir auch. Wir hätten ja dann immer gedacht, dass sie die Chance hatte, mit der OP wieder gesund zu werden, und dass du ihr diese Chance nicht gegeben hast. Nur durch die OP konnten wir feststellen, dass es gar keine Chance gab. Das versteh' sogar ich, warum also du nicht?


Toffee & Clara

MAMA KERSTIN: Ich bin halt so schrecklich traurig und martere meinen Kopf, ob ich nicht was hätte besser machen können.

OSCAR: Puh, ihr Zweibeiner habt immer Schuldgefühle. Das muss eine ziemliche Pest sein.

MAMA KERSTIN: Da sagst du was.

CLARA: Wie wär's, wenn du jetzt mal im Internet nachschaust, wie es gerade so in unserer Notstation aussieht. Ich wette, dort sitzen wieder haufenweise Kandidaten, die ein schönes Heim suchen und gut zu uns passen würden.

MAMA KERSTIN: OK, das mache ich.

CLARA: Aber erst könntest du unsere Gurke bringen.

OSCAR: Und Möhre bitte. Letzte Woche hatte ich auch schon Gurke.

MAMA KERSTIN: Tut mir leid. Ich gelobe Besserung. Hier, bitte.

CLARA: Danke. Also tschüss dann, mampf schmatz, bis nächste Woche...

 

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